Die Fresken der Scrovegni-Kapelle

Die Kreuzigung von Jesus

Die 2006 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommene Scrovegni-Kapelle (Cappella degli Scrovegni) mit ihren bedeutenden Fresken von Giotto di Bondone (1267 – 1337) ist eine der Highlights in Padua und gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Sie befindet sich nahe des Hauptbahnhofs auf der Piazza Eremitani, 8. Die aus der frühen italienischen Renaissance (Rinascimento) stammende Kapelle ist so dermaßen bei Touristen beliebt, dass ein Eintritt aktuell nur mit einer Online-Reservierung bis spätestens 24 Stunden vor der geplanten Besichtigung möglich ist. Tickets können im Eremitani-Museum abgeholt werden. Geöffnet hat die Scrovegni-Kapelle täglich von 9 bis 19 Uhr. Wer einmal in der Kapelle drin ist, wird erstaunt sein, in was für einer intensiven Farbenpracht die Fresken erstrahlen. Doch was bedeuten sie? Schauen wir uns den Freskenzyklus der Scrovegni-Kapelle mal genauer an.

Die Scrovegni-Kapelle mit den Fresken von Giotto
Die Scrovegni-Kapelle (Cappella degli Scrovegni) mit den Fresken von Giotto

Wie liest man den Freskenzyklus richtig?

Der Freskenzyklus der Cappella degli Scrovegni beginnt mit der Szene 1 am Triumphbogen. Geht dann rechts über zur Wand oben mit der zweiten Szene, der Ausweisung Joachims aus der Taufkapelle. Die Leserichtung folgt dabei immer rechts im Kreis. Zur Verdeutlichung kann die folgende Karte des Freskenzyklus der Scrovegni-Kapelle herangezogen werden. Der Pfeil oben verdeutlicht den Anfang mit der Szene 1.

Plan des Freskenzyklus der Cappella degli Scrovegni mit Leserichtung
Plan des Freskenzyklus der Cappella degli Scrovegni mit Leserichtung

Die einzelnen Szenen der Scrovegni-Kapelle

Triumphbogen

  • Nr. 1: Der Erzengel Gabriel wird von Gott beauftragt, Maria zu verkünden

Rechte Wand oben

  • Nr. 2: Ausweisung Joachims aus der Taufkapelle: Joachim bekommt keinen Segen von Gott, da er kinderlos ist, er darf ohne Segen den Tempel nicht betreten, weshalb er ausgewiesen wird
  • Nr. 3: Rückzug Joachims zu den Hirten: Joachim denkt, die Entscheidung, ihn auszuweisen, sei gerechtfertigt, er drückt mit seinem gesenkten Haupt Trauer aus; der weiße Hund in Kontrast erkennt dies und will ihn trösten; Giotto malt hier bewusst Emotionen
  • Nr. 4: Verkündung der Heiligen Anna: die Dimensionen des Hauses sind für Figuren zu klein
  • Nr. 5: Opfergabe Joachims: Joachim opfert ein Zicklein, Giotto malt es als Gerippe, Gott ist im Wohlgesonnen, was sich in dem versteckten Engel über dem Gerippe offenbart
  • Nr. 6: Traum von Joachim: der wachsame Hund steht im Gegensatz zum schlafenden Joachim; der Torso des Engels hat Plastizität, jedoch verschwimmen die Konturen des fliegenden Engels, was eine Meisterleistung darstellt
  • Nr. 7: Begegnung am Goldenen Tor: Giotto malt den ersten Kuss der Geschichte

Linke Wand oben

  • Nr. 8: Geburt der Jungfrau Maria: zwei Frauen stehen an der Tür und signalisieren somit den Übergang von draußen nach innen, wo Maria geboren wird
  • Nr. 9: Marias Vorstellung im Tempel: Maria verlässt ihre Eltern, die ebenso einen Heiligenschein tragen; sie wird in der Kunst stets älter dargestellt, soll aber laut der Legenda Aurea nur drei Jahre alt gewesen sein
  • Nr. 10: Das Staborakel wird vorbereitet: die Vermählung der Maria beginnt; links außen ist Josef mit dem Heiligenschein zu erkennen
  • Nr. 11: Die Freier beten: hervorragende plastische Darstellung der Körper der Freier, die in Stoffe gehüllt sind und auf die Blüte der Stäbe warten; Priester sind in Rot gekleidet; Josef ist links außen
  • Nr. 12: Hochzeit der Jungfrau Maria: Josef hält seinen Stab mit der Lilie in der Hand und heiratet Maria
  • Nr. 13: Hochzeitszug Marias: fraglich ist, ob es sich dabei tatsächlich um einen Hochzeitszug handelt, denn Josef fehlt auf dem Bild; die Mädchen hinter Maria tragen ihre Haare offen, ein Zeichen, dass sie noch unverheiratet sind

Triumphbogen

  • Nr. 14: Verkündung: überdimensional große Figur des Gabriels und der Maria
  • Nr. 15: Verkündung: der Gottesvater gibt Gabriel den Auftrag, Maria zu verkünden
  • Nr. 16: Heimsuchung: Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth, die ebenso schwanger ist; Maria hat ihre Haare zu einem Zopf gebunden, das Zeichen für eine verheiratete Frau

Rechte Wand Mitte

  • Nr. 17: Christus wird geboren: realistische nächtliche Szene, bei der Maria das Neugeborene hütet, Josef erschöpft schläft, Schafe liegen dicht beieinander
  • Nr. 18: Die Könige beten Christus an: einzigartige Gestaltung des Kometen in der Kunstgeschichte, der als Halleyscher Komet dargestellt ist, die drei Heiligen Könige sind mit heller Hautfarbe dargestellt, denn die dunkle Hautfarbe erhält einer der Könige erst ein Jahrhundert später
  • Nr. 19: Christi wird in den Tempel eingeführt: Maria übergibt Jesus dem Priester Simeon
  • Nr. 20: Flucht nach Ägypten: Josef fragt einen Wanderer nach den Weg, der wiederum vom Engel den Weg gezeigt bekommt; Maria sitzt auf deinem Esel mit Jesus
  • Nr. 21: Kindermord in Bethlehem: einzige Szene, in der sich die architektonischen Elemente verdoppeln; wahrscheinlich bediente sich Giotto hier einem Helfer, da die Gesichter der Frauen und der Kinder am Boden oberflächlich dargestellt sind

Linke Wand Mitte

  • Nr. 22: Christus und die Schriftgelehrten: erstmals wurde ein Innenraum in Padua dargestellt; Jesus ist 12 Jahre alt; Maria und Josef wollen zu ihm eilen; die Gesichter der Gelehrten, die sich um Jesus befinden wirken nicht wie später oft üblich abgebildet grotesk
  • Nr. 23: Christus wird getauft: Giotto musste die wahrscheinlich die Nacktheit des Christus verbergen, weshalb der Wasserspiegel höher als realistisch möglich gezogen wurde
  • Nr. 24: Hochzeit von Kana: erstes Wunder durch Jesus vollbracht: Wasser zu wein werden lassen; Giotto malt hier den Zeremonienmeister, der den Wein kostet; entscheidend ist die Ausarbeitung der realistisch anmutenden Körpereigenschaften des Zeremonienmeisters, wie sie später in der Renaissance zum charakteristischen Merkmal werden; der Zeremonienmeister ist mit einem sehr dicken Bauch dargestellt, der neben ihm befindliche junge Mann ähnelt in seinem Gesichtsausdruck einer Person mit Trisomie 21; Giotto deutet hier bereits den Übergang zur Renaissance an
  • Nr. 25: Lazarus steht auf: Auferstehung des Lazarus durch Jesus lässt Zuschauer erstaunen; eine Frau rechts im Bild hält sich ihren Umhang vor die Nase, wahrscheinlich wegen des Gestanks des bereits Verstorbenen; zu Boden knien Marta und Maria, beide sind Schwestern
  • Nr. 26: Einzug nach Jerusalem: schön zu sehen ist hier eine Frau, die sich recht ungeschickt ihren Umhang abnehmen möchte; einige Personen sind auf Olivenbäume geklettert, um Wedel zu holen und um Jesus begrüßen zu können
  • Nr. 27: Die Händler werden vertrieben: Jesus in der Mitte des Bildes vertreibt die Händler rechts aus dem Tempel, wobei ganz rechts in einem roten Umhang gekleidet die Hohepriester Kaiphas und in Grün Hannas stehen

Triumphbogen

  • Nr. 28: Der Verrat des Judas: seltene Darstellung mit Münzen in der Hand als Symbol des Verrats; Judas ist zudem Gelb gekleidet, ebenso ein Symbol für den Verrat, hinter Judas steht der schwarze Teufel

Rechte Wand unten

  • Nr. 29: Das Letzte Abendmahl: wichtig ist, dass die Mäntel ab diesem Fresko bis zum Schluss jeweils die einzelnen Personen wiedergeben; schön zu sehen ist, wie Giotto die schweren Körper auf naturgetreu auf der Holzbank wiedergibt
  • Nr. 30: Das Waschen des Fußes: die Fußwaschung findet im gleichen Raum wie das Abendmahl statt; Jesus wäscht Petrus die Füße
  • Nr. 31: Der verräterische Kuss des Judas: Judas, der als Verräter in Gelb dargestellt ist, verrät Jesus durch einen Kuss; hier ist anzumerken, dass im Mittelalter es üblich war, dass Juden entweder eine gelbe Kopfbedeckung trugen oder aber ein anderes gelbes Kleidungsstück
  • Nr. 32: Christus vor Kaiphas: der Hohepriester Kaiphos zerreißt sein grünes Gewand als Geste der Gotteslästerung
  • Nr. 33: Auspeitschung Christi: Pontius Pilatus ist rechts in Rot dargestellt, Jesus recht füllig mit goldenem Umhang sitzend links; bemerkenswert ist, dass hier erstmalig ein dunkelhäutiger Peiniger statt wie später üblich mit arabischem Ausdruck dargestellt wird

Linke Wand unten

  • Nr. 34: Gang zum Kalvarienberg: Jesus trägt sein hohes Kreuz einsam
  • Nr. 35: Kreuzigung des Jesus: Jesus wird gekreuzigt; auf der einen Seite befindet sich das Gute, so auch die in Ohmacht fallende Madonna, und auf der anderen Seite das Böse, wobei hier Zenturio Longinus einen Heiligenschein erhält, da er noch im Angesicht des Todes von Christus bekehrt wird
  • Nr. 36: Beweinung Christi: Giotto malt hier die ersten Tränen in der Kunstgeschichte
  • Nr. 37: Auferstehung Christi: sehr schöne Szene, bei dem Giotto den Marmor durch die Technik des „stucco romano“ malt; auf der Standarte von Jesus ist „vicor mortis“ zu lesen, was „Sieger über den Tod“ bedeutet; Jesus verbietet Maria Magdalena ihn zu berühren
  • Nr. 38: Christi Himmelfahrt: die Erde wird in Himmel und Erde geteilt; auf der Erde finden sich die Apostel und Madonna, die schwere Körper besitzen, im Himmel sind die Körper verschwommen; die Sicht auf den gen Himmel aufsteigenden Jesus ist durch eine Wolke für die Erdenbürger verdeckt
  • Nr. 39: Pfingsten: der Heilige Geist kommt in Form von Feuerzungen auf die Erde hinab

Eingangs- bzw. Ausgangswand

  • Nr. 40: Jüngstes Gericht: Engel an den Ecken stellen das Irdische, das Endende dar, in dem sie den Nachthimmel aufrollen; Giotto nimmt hier auch Motive aus Dantes Göttlichen Komödie auf und malt sie insbesondere im Teil der Sünde und Schuld

Rechte Wand unterste Reihe

  • Nr. 41a – 41g: Darstellung der Tugenden Glaube, Weisheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Tapferkeit, Maß und Hoffnung

Linke Wand unterste Reihe

  • Nr. 42a – 42g: Darstellung der Laster Aberglaube, Jähzorn,, Verzweiflung, Mißgunst, Ungerechtigkeit, Wankelmut, Torheit
Auspeitschung von Jesus
Nr. 33: Auspeitschung von Jesus – Fresko in der Cappella degli Scrovegni
Beweinung von Christus
Nr. 26: Beweinung von Christus
Fußwaschung durch Jesus
Nr. 30: Fußwaschung durch Jesus
Judaskuss gemalt von Giotto
Nr. 31: der Judaskuss
das Jüngste Gericht von Giotto
Nr. 40: das Jüngste Gericht
Kreuzigung von Jesus
Nr. 35: Kreuzigung von Jesus
das letzte Abendmahl von Giotto
Nr. 29: das letzte Abendmahl